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Berlin – Kein Duell, kein Dreikampf: Die Favoritenfrage der 105. Tour ist so spannend wie selten. Den viermaligen Gewinner Chris Froome könnten die Folgen seines fordernden Giro und der monatelange Nervenkrieg um seine erhöhten Salbutamol-Werte einholen.

Als aussichtsreiche Herausforderer des Briten lauern Vincenzo Nibali, Tom Dumoulin und Romain Bardet. Der Franzose will 33 Jahre nach Bernard Hinault endlich einen Toursieg nach Hause holen. Außenseiterchancen werden Nairo Quintana, Mikel Landa, Richie Porte und Adam Yates zugeschrieben. Die Deutsche Presse-Agentur nennt die chancenreichsten Fahrer und klassifiziert sie:

Drei Sterne (Topfavorit):

Chris Froome (33 Jahre/8. Tour/Team Sky): Wie gut hat der Brite die Anstrengungen seines ersten Giro-Sieges und die Querelen der Salbutamol-Affäre weggesteckt? Das dürften für den Sky-Kapitän die entscheidenden Fragen sein. Wenn er so stark wie im Giro-Finale auftrumpfen und sich wie immer auf eine ergebene Mannschaft verlassen kann, dürfte es für die Konkurrenz schwer werden, ihm den fünften Erfolg streitig zu machen. Als Co-Kapitän steht Geraint Thomas bereit. Froome will unbedingt aufschließen zu den Fünffach-Siegern Jacques Anquetil, Eddy Merckx, Hinault und Miguel Indurain. Das Double Giro/Tour schaffte zuletzt der Italiener Marco Pantani 1998.

Zwei Sterne (Aussichtsreichste Herausforderer):

Tom Dumoulin (27/5. Tour/Sunweb): Der smarte Niederländer, herausragender Zeitfahrer und stark am Berg, gilt als logischer Nachfolger Froomes als Toursieger. Aber schon dieses Jahr? Die große Frage für den Zeitfahr-Weltmeister wird sein, wie er den beinharten Kampf um das Rosa Trikot gegen Froome weggesteckt hat. Waren sechs Wochen für den Giro-Kronprinzen genug, um gegen die ausgeruhten Nibali, Quintana, Bardet und Landa zu bestehen? Ganz zu schweigen von Froome.

Vincenzo Nibali (33/7. Teilnahme/Bahrain-Merida): Der Sizilianer, Toursieger von 2014 und im März eindrucksvoller Triumphator bei Mailand-Sanremo, gilt als heißer Anwärter. Anders als Froome wählte er die Dauphiné-Rundfahrt als Tour-Generalprobe, die für ihn allerdings nicht nach Wunsch lief. Im Gegensatz zu den anderen Protagonisten dürfte ihm die Kopfsteinpflaster-Etappe nach Roubaix liegen. Vor vier Jahren hatte er auf dem Terrain die Basis für seinen Gesamtsieg gelegt.

Romain Bardet (27/6. Tour/Ag2r): Nach Platz zwei und drei in den vergangenen beiden Jahren soll es endlich soweit sein: Zum ersten Mal nach Hinault (1985) soll wieder ein Franzose auf den Champs Elysées ganz oben stehen. Berghoch kann Bardet mit den Besten mithalten. Gegen ihn spricht seine Schwäche im Zeitfahren. Außerdem dürfte ihm sein Team nicht den Rückhalt geben können, den Froome, Nibali, Quintana und Landa als sicher voraussetzen können.

Nairo Quintana (28/5. Tour/Movistar): Nach Platz zwei bei den Touren von 2013 und 2015 will der Kolumbianer endlich den Sieg und in den Kreis der GrandTour-Dreifach-Sieger vorstoßen. Der Giro-Sieger von 2014 und Vuelta-Gewinner von 2016 zählt zu den stärksten Bergfahrern. Allerdings hat er wie Bardet das Handicap, dass der Kampf gegen die Uhr nicht zu seinen Stärken gehört.

Ein Stern (Außenseiterchancen):

Mikel Landa (28/3. Tour/Movistar): Im Vorjahr hatte der Spanier als Teamkollege von Froome noch die kleine Revolution geprobt. Dann verhielt er sich aber doch loyal zu seinem Kapitän und fuhr trotz geleisteter Helferdienste noch auf Rang vier. Zusammen mit Quintana könnte er eine wirkungsvolle Doppelspitze bilden, flankiert vom Routinier Alejandro Valverde – wenn es keine teaminternen Querelen mit dem Kolumbianer gibt.

Richie Porte (33/8. Tour/BMC): Lange Jahre war der Australier treuer Froome-Helfer. Im Vorjahr wollte er bei BMC auf eigene Kappe fahren – stürzte aber schwer und musste aufgeben. Nach langer Zwangspause wegen komplizierter Brüche scheint er zurück zu sein. Sein Sieg bei der Tour de Suisse deutete das an.

Adam Yates (25/3. Tour/Mitchelton Scott): Der zierliche Brite ist neben seinem Zwillingsbruder Simon, der beim Giro erst im Finale von Froome niedergekämpft worden war, die große Nachwuchshoffnung seines Landes. Bei seiner zweiten Tour 2016 fuhr er als Lehrling auf Rang vier, bei der Tour-Generalprobe Dauphiné gewann er eindrucksvoll eine Etappe.

Fotocredits: Jörg Carstensen
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