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Salon-en-Provence – Der große Fußball macht Platz für die Tour de France. Fünf Tage vor der Saisoneröffnung bietet das Stade Vélodrome, Spielstätte von Olympique Marseille, die Bühne für das letzte große Spektakel der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt.

Beim Einzelzeitfahren über 22,5 Kilometer, bei dem vor allem Rigoberto Uran versuchen wird, Chris Froome doch noch vom Thron zu holen, werden bei freiem Eintritt über 67 000 Zuschauer erwartet. Die 1937 als Radstadion gebaute Fußball-Arena, die für die Europameisterschaft im Vorjahr komplett umgebaut worden war, ist zum ersten Mal in der Tour-Geschichte Schauplatz für einen Start und den Zieleinlauf.

Richard Miron, Sportsenator der Stadt Marseille, die sich die aufwendige Show rund 750 000 Euro kosten lässt, sprach von einer «großen Herausforderung» und ließ einen 14 Zentimeter hohen Spezial-Asphalt verlegen, der Samstagnacht schon wieder entfernt wird. «Das Leben besteht nicht nur aus Fußball», konstatierte Miron. 2000 Polizisten sind zusätzlich im Einsatz.

An dem Ort, an dem zuletzt 45 000 Menschen Popstar Céline Dion lauschten, will es Froome noch einmal krachen lassen. Aus seinem Sekunden-Vorsprung will der Träger des Gelben Trikots einen beruhigenden Minuten-Abstand machen – und endlich den ersten Etappensieg einfahren. «Uran ist für uns die größere Bedrohung. Es ist ein enges Rennen, es kann alles passieren. Wenn das Zeitfahren wie in Düsseldorf läuft, dann habe ich die Oberhand. Ich bin zuversichtlich», gab Froome vor dem Kampf gegen die Uhr zu Protokoll.

Aber ein Selbstläufer wird es für den Olympia-Dritten im Zeitfahren, der vor der 19. Etappe 23 Sekunden vor Romain Bardet aus Frankreich und 29 Sekunden vor der Tour-Überraschung Uran liegt, nicht. Bardet dürfte als schwacher Zeitfahrer keine Gefahr darstellen. Auch Uran war beim ersten Kampf gegen die Uhr in Düsseldorf 51 Sekunden langsamer als Froome. Das muss aber nicht der Maßstab sein. «Nach drei Wochen sieht die Welt oft ganz anders aus», sagte vieldeutig Ex-Profi Andreas Klier, Sportlicher Leiter im Uran-Team Cannondale-Drapac.

Warnung an Froome: Als der Kolumbianer aus Urrao beim Giro 2014 Zweiter wurde, gewann Uran das Zeitfahren auf der 12. Etappe über 42,2 Kilometer mit 1:34 Minuten Vorsprung vor dem drittplatzierten Cadel Evans. Der Australier, der 2011 die Tour gewann, gehörte zu den besseren Zeitfahrern. «Das Zeitfahren kommt nach 19 ermüdenden Etappen – mal sehen, wie es läuft», meinte Uran, der sich als Einzelkämpfer in den Kreis der Tour-Elite vorgefahren hatte und nie abzuschütteln war.

Die Franzosen erinnern sogar an das Jahr 1989, obwohl dieses Tour-Drama für sie nicht gut ausging. Laurent Fignon war mit einem beruhigenden 50-Sekunden-Vorsprung ins letzte Zeitfahren von Versailles auf die Champs Élysées gegangen. Der Rote Teppich für den dritten Toursieg des inzwischen verstorbenen Franzosen war ausgelegt. Aber dann zerstörte der US-Profi Greg LeMond alle Hoffnungen der Gastgeber und holte sich doch noch den Toursieg mit acht Sekunden Vorsprung. Knapper ging es in der Tour-Geschichte seit 1903 nie zu.

Die Strecke war damals mit 24,5 Kilometern ähnlich lang wie die am Samstag in Marseille. Nur der tapfere Bardet ist ein schlechterer Zeitfahrer, als es Fignon war und erst recht, als es LeMond war. Die Möglichkeit, dass die Grande Nation 32 Jahre nach Bernard Hinault wieder einen einheimischen Toursieger feiern kann, bewegt sich in sehr engen Grenzen.

Der von den kolumbianischen Fans bei den Einschreibungen vor den Etappenstarts frenetisch gefeierte Uran («Rigo, Rigo») ist die gefährlichste Bedrohung für den britischen Dauersieger. Der Routinier, Sohn eines Losverkäufers, der unter mysteriösen Umständen ums Leben kam, trat bei der Tour noch nie groß in Erscheinung. 2015 beendete der zweimalige Giro-Zweite die Große Schleife auf Rang 42. Am Samstag fährt der 30-Jährige um den ersten südamerikanischen Toursieg.

Fotocredits: BERTRAND LANGLOIS
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