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Cholet – Peter Sagan ist zurück – und mit ihm auch die hitzigen Diskussionen. War es nun clever oder unfair, die Meinungen über den Sieg des dreimaligen Weltmeisters auf der zweiten Etappe der 105. Tour de France gingen weit auseinander.

«Die Rückkehr in sein Königreich», schrieb etwa das Tour-Organ «L’Equipe». John Degenkolb war als Leidtragender weniger euphorisch. «Ich hatte zwei Optionen – entweder ich bremse oder ich stürze. Ich entschied mich dafür, nicht mit 56 Stundenkilometer auf den Asphalt zu gehen», erklärte der 29 Jahre alte Radprofi aus Oberursel.

Nicht zuletzt wegen Sagans grenzwertigen Sprints wurde der Video-Schiedsrichter bei der Frankreich-Rundfahrt eingeführt. Und so verwunderte es wenig, dass das neue Hilfsmittel auch bei Sagan seine Premiere erlebte. «Sie können mich ja auch wieder rausschmeißen», meinte Sagan sarkastisch und war sich keiner Schuld bewusst.

Über eine Bestrafung hätten sich der dreimalige Weltmeister und sein Bora-hansgrohe-Team aber auch nicht beschweren dürfen. Sagan fuhr beim Finale in La Roche-sur-Yon rund 250 Meter vor dem Ziel auffällig in Degenkolbs Fahrlinie, wie Bilder aus der Vogelperspektive deutlich zeigen. «Sicher war er superstark, aber nachdem er mich überholt hatte, fuhr er in meine Linie und drückte mich an die Absperrgitter», schimpfte Degenkolb. Diplomatischer zeigte sich André Greipel: «Über die Szene habe ich nicht zu entscheiden.» Das übernahm also der Video-Schiedsrichter, der den Protest der Degenkolb-Mannschaft zurückwies.

Ein Szenario wie 2017 sollten der Tour und Sagan erspart bleiben. Im Vorjahr wurde der Slowake nach einem angeblichen Rempler auf der vierten Etappe in Vittel gegen Tour-Rekordetappensieger Mark Cavendish ausgeschlossen – und erst Monate später durch den Weltverband UCI entlastet. Als Folge daraus wurde in dieser Saison wie im Fußball ein Videoschiedsrichter installiert. Auch Degenkolb war damals in Vittel einer der Leidtragenden und ging verletzt zu Boden. Das konnte der gebürtige Thüringer diesmal verhindern – und verpasste so vielleicht seinen ersten Coup bei der Tour. Seit Jahren fährt der Trek-Segafredo-Profi nun schon einem Erfolg bei der Frankreich-Rundfahrt hinterher. Degenkolb und die Tour, das ist alles andere als eine Liebesgeschichte.

Anders dagegen Sagan, der in diesem Jahr sein sechstes Grünes Trikot in Paris anpeilt und mit Erik Zabel gleichziehen würde. Seiner Popularität tat dieser Vorfall jedenfalls keinen Abbruch. «Sagan ist der größte Tour-Star», feierte die «L’Equipe» den 28 Jahre alte Slowaken, der seinen Ruf als Rad-Popstar sichtlich genießt und pflegt.

Degenkolb sind Allüren dieser Art fremd. Nach seinem folgenschweren Trainingsunfall im Januar 2016, als er im Trainingslager in Spanien mit mehreren Teamkollegen von einem Auto erfasst und schwer an der Hand verletzt wurde, ist der zweifache Familienvater demütiger geworden.

Das alles hat Degenkolb verarbeitet und abgehakt. Lediglich sein Finger stehe immer wieder «lustig ab», wenn er zum Beispiel eine Flache öffne – zur Erheiterung seiner Freunde. «Man schaut etwas lockerer auf alles. Es gibt Wichtigeres als Siege», bekannte er kurz vor dem Tour-Start.

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